Die Europäische Zentralbank (EZB) setzt ihren Kampf gegen die Inflation fort und hat den Leitzins zum achten Mal innerhalb von 11 Monaten erhöht. Mit einer Anhebung von 3,75 % auf 4,00 % reagiert die EZB entschlossen auf die anhaltende Preissteigerung. Die Maßnahme hat weitreichende Auswirkungen auf Sparer und Kreditnehmer, da die Kreditkosten steigen und die Sparzinsen kaum von den Erhöhungen profitieren. Während die EZB die Inflation eindämmen will, müssen Verbraucher mit den Konsequenzen dieser aggressiven Zinserhöhungen leben. Die Frage bleibt: Wie wird sich die EZB in den kommenden Monaten weiterhin gegen die Inflation stemmen mit weiteren Erhöhungen der Leitzinsen?

Die letzten Änderungen bei den Leitzinsen:
Datum | EZB Einlagezins (Einlagefazilität) | EZB Leitzins (Festsatz) |
15.06.2023 | 3,50 | 4,00 |
04.05.2023 | 3,25 | 3,75 |
16.03.2023 | 3,00 | 3,50 |
02.02.2023 | 2,50 | 3,00 |
15.12.2022 | 2,00 | 2,50 |
27.10.2022 | 1,50 | 2,00 |
08.09.2022 | 0,75 | 1,25 |
21.07.2022 | 0,00 | 0,50 |
12.09.2019 | -0,50 | 0,00 |
Sparzinsen steigen nicht so schnell wie die Leitzinsen
Bekannt ist die weit verbreitete Kritik an den Banken. Während die steigenden Kreditzinsen schnell an die Kunden weitergegeben werden, nehmen sich unsere Banken viel Zeit, wenn es um die Erhöhung der Sparzinsen geht. Es scheint hier kaum Fortschritte zu geben. Einige ausgewählte Direktbanken bieten zeitlich begrenzte Sonderzinsen an, wie zum Beispiel die Renault Bank direkt oder Santander Consumer Bank. Ansonsten geben die meisten Banken die höheren Zinsen kaum weiter.

Dieser Umstand wird im obigen Diagramm deutlich. Die graue und gelbe Linie repräsentieren die EZB-Leitzinsen, während die blaue und orangefarbene Linie die Entwicklung der Tagesgeldzinsen darstellen. Die blaue Linie zeigt die Entwicklung der Top 5 Zinsen, die sich der EZB-Einlagenfazilität sehr nahe kommen. Der durchschnittliche Zinssatz aller Angebote von Sparzinsen.at hingegen bleibt deutlich dahinter zurück, wie durch die orangefarbene Linie ersichtlich ist.
Die Banken profitieren von diesem Zinsunterschied und erzielen beträchtliche Zinserträge, die sich positiv auf ihre Gewinn- und Verlustrechnungen auswirken.
Schlecht investiertes Geld – viel Bargeld und Tagesgeld liegt herum
Gemäß den Daten der OeNB ist in Österreich nach wie vor eine erhebliche Menge an Geld unverzinst oder nur unzureichend verzinst. Der blaue Balken in der Grafik stellt fast 237 Milliarden Euro dar, die von Privatanlegern in Form von Bargeld oder täglich fälligen Spareinlagen gehalten werden. Trotz wirtschaftlicher Krisen in den vergangenen Jahren ist der Wert dieses ungenutzten Kapitals kontinuierlich angewachsen.

Negative Realzinsen in Österreich: Sparzinsen bleiben niedrig, Inflation hoch
Seit vielen Jahren sind die Realzinsen, die sich aus der Differenz zwischen den Sparzinsen und der Inflation ergeben, negativ, und dieser Trend wird voraussichtlich weiter anhalten. Obwohl der höchste verfügbare Zinssatz für täglich fällige Guthaben bei über 2% liegt, ergibt sich eine nahezu 7%ige negative Realrendite, ohne die Berücksichtigung von Steuern auf Zinserträge. Die Inflation beträgt derzeit im Mai 2023 8,8%, während die Sparzinsen auf einem inakzeptabel niedrigen Niveau liegen. Dies wird in der Grafik deutlich, wobei die rote Fläche die negative Realrendite darstellt und die grüne Linie die weiterhin hohe Inflation repräsentiert. Die schwarze Linie zeigt die durchschnittlichen Sparzinsen für täglich fällige Guthaben gemäß der Bankkonditionen.at Sparzinsen-Datenbank. Es ist bedauerlich, dass die Realrendite aus der Differenz zwischen dieser Linie und der Inflation resultiert.
Zinsen Prognose: Ausblick auf die nächsten EZB-Sitzungen: Was erwartet Kreditnehmer und Sparer?
Wie wird die Zukunft aussehen? Es ist möglich, dass die EZB bei ihrer nächsten Sitzung am 27. Juli 2023 entweder keine weitere Zinserhöhung vornehmen wird oder nur eine geringfügige Erhöhung um 25 Basispunkte durchführt. Was den Herbst betrifft, bleibt hier alles noch offen. Die weitere Entwicklung der Inflation wird im Herbst darüber entscheiden, wie es weitergeht.
Kreditnehmer sollten sich auf weitere Anstiege der variablen Kreditzinsen einstellen, und auch Neu-Kreditnehmer werden von höheren Zinsen betroffen sein. Für Sparer hingegen wird sich in nächster Zeit wahrscheinlich nur wenig nach oben hin verändern.